Die Annapurna Runde ist eine der beliebtesten Trekking Routen der Welt. Im Jahr 2017 besuchten 158.000 internationale Touristen die Annapurna Conservation Area, darunter eine Rekordzahl von 27.000 ausländischen Trekkern. Nichtsdestotrotz, das halbtrockene Dorf Lubra (auch Ludak genannt), tief in die Panda Khola Schlucht des Unteren Mustang geschmiegt, wurde bis vor Kurzem selten besucht. Es liegt auf der Südseite des Lubra Passes von Muktinath aus gesehen auf ungefähr 4000 Metern.
Nachdem die Straße am Westufer des Kali Gandaki Flusses bis nach Muktinath im Jahr 2007 fertiggestellt wurde, wurde eine alternative Annapurna Runde in Zusammenarbeit mit lokalen Gemeinden wie Lubra entwickelt (Annapurna Alternative Trekking Trail). Die Idee hinter dem neuen Weg war es, eine Wanderroute zur Verfügung zu stellen, die weit ab vom Straßenverkehr entlangführt und den Tourismus in den Dörfern entlang der traditionellen Annapurna Runde erhält. Obwohl fast alle Dörfer oberhalb von Jomsom an die Straße angeschlossen sind, bleibt Lubra weiterhin übergehend isoliert. Dies erlaubt es Besuchern, die ruhigen Töne des Flusses sowie das Dorfleben ohne störende Motorengeräusche zu genießen.

Range above Panda Khola. Photo by Yungdrung Tsewang Gurung
Die Bewohner von Lubra, die davon überzeugt sind, dass ihr Dorf im späten 12. Jahrhundert gegründet wurde, haben sich ihre traditionellen Lebensweisen bewahrt. Dies beinhaltet die Ausübung der uralten Bön Religion. Lubra, ein Dorf mit nur 14 Familien, ist eines der wenigen kompletten Bön Dörfer in Nepal. Laut der lokalen Legende kam der Bön Lama Yangton Tashi Gyaltsen durch Dolpo aus Tibet und unterwarf die unbändigen örtlichen Geister. Dies ermöglichte es den Menschen, sich in der Region niederzulassen. Er pflanzte einen Walnussbaum als Prophezeiung, dass das Dorf hier florieren würde. Der alte, knorrige Walnussbaum überlebt bis heute.
Einmal gezähmt, höhlte der machtvollste Geist eine sonnige Meditationshöhle als Opfer für Yangton Tashi Gyaltsen in einem Hügel gegenüber der Panda Khola des heutigen Lubra aus, damit dieser einen geeigneten Platz für seine Gebete und Meditation habe. Der Name “Lubra” kommt von der einzigartigen Struktur der Felsen auf dieser Seite der Panda Khola. Sie sehen wie eine ausgebreitete Schlangenhaut aus, die mit der Zeit auf den Felsen erstarrte. Schlangen-Geister werden “lu” im lokalen Mustang Dialekt des Tibetischen genannt, “bra” (auch “dak” ausgesprochen) bedeutet Steinfelsen.

Photo by Yungdrung Tsewang Gurung
Traditionell bauen die Menschen von Lubra ihre Häuser mit einer kombinierten Technik aus geschichteten Fundamentsteinen und Wänden im Lehmstampfbau. Die Dächer bestehen aus Erde. Wie in anderen Baragaon und Thakali Dörfern werden die Wände mit rotem und weißem Lehm dekorativ gepflastert. An den Seiten der flachen Dächer wird Feuerholz gelagert. Lubra gehört zu den neunzehn Dörfern der Baragaon Region im Unteren Mustang. Fälschlicherweise werden hiermit oft die “zwölf Dörfer” oberhalb von Jomsom und unterhalb von Lo Manthang bezeichnet (dieses Gebiet wird jetzt Oberes Mustang genannt). Baragaon ist eine nepalische falsche Aussprache des Mustang Wortes Bar Gun, welches “der Bereich dazwischen” bedeutet. Dies bezieht sich auf die Region zwischen Lo Manthang oberhalb und dem Thak Khola Tal unterhalb.
So wie im gesamten Himalaya-Gebiet hat der Klimawandel den Wasserkreislauf verändert. Überweidung auf den Hängen oberhalb von Panda Kohla hat die Wasserhaltekapazität der Bergflanken reduziert, was zu Erosion, Verlust von Oberboden und intensiveren Überschwemmungen führt. In den letzten fünf Jahren hat der Gletscherabfluss deutlich zugenommen, was zu Verkleinerung von landwirtschaftlichen Flächen entlang des Flussbettes führte. Heute schneidet sich der Fluss bei Hochwasser heftig in die Flussbänke unterhalb des Dorfes ein, was dazu führt, dass die Ecken der Felder in der Strömung verloren gehen. Während des Sommermonsuns von 2017 wurden Dutzende Quadratmeter von Farmland weggewaschen. Ebenfalls zerstört wurde eine 70 Jahre alte Chörten, ein wichtiges lokales religiöses Monument.

Photo by Yungdrung Tsewang Gurung
Unlängst haben die Familien aus Lubra ein Community Homestay Projekt namens Mustang Bon Homestay Village gegründet. Dies soll die Bewahrung der einzigartigen Kultur und der Traditionen Mustangs unterstützen, die langsam unter dem Druck der Modernisierung und dem Einfluss von Emigration verloren gehen. Durch das Angebot von Homestay Unterkünften für Besucher soll jungen Unternehmern ein Anreiz gegeben werden, im Dorf zu bleiben und lokale, kulturelle und landwirtschaftliche Praktiken zu bewahren. Besucher können dann an einzigartigen, lokalen Erfahrungen teilnehmen. Beispiele dafür sind die Teilnahme an lokalen Tänzen, Maskentanz, kulturelle Lieder, sowie das Erlernen von traditionellen landwirtschaftlichen Techniken. Hier können Besucher Buchweizen, Gerste, Mais, Hirse, Kartoffeln, Gemüse, Kidneybohnen sowie Fruchtbäume wie Aprikosen, Walnuss und Apfel säen und ernten. Außerdem können sie sich um die Ziegen, Pferde, Kühe, Schafe, Hühner und Dzo kümmern. Dzo sind eine Kreuzung aus männlichen Yaks und Kühen, die besser an die Höhe und das Klima angepasst sind.
Im Zentrum des Dorfes Lubra steht Yungdung Phuntsok Ling, ein uraltes Bön Kloster mit einzigartigen Wandbemalungen und Statuen. Hier findet – abhängig vom Mondkalender – im September oder Oktober jeden Jahres ein fünftägiges Maskentanz Festival statt. Es gibt im Unteren Mustang andere Bön Klöster wie Kobang und Naurikot, aber keines bewahrt die traditionelle Form des erblichen Priestertums so wie in Lubra. Der älteste Sohn jeder Familie muss strenge rituelle Pflichten ausführen und an Gebeten an wichtigen Tagen während des Jahres teilnehmen. Durch dieses System wurden die lokalen Traditionen sehr gut gepflegt, was in den modernen Himalayas untypisch ist.

Photo by Jocelyn Powelson
Wenn man Lubra besucht, sollte man sich Zeit nehmen um in dem kleinen Bön Tempel zu sitzen, der sich am Hang oberhalb des Dorfes befindet. Der Tempel heißt Gon Phuk, was “Winter Höhle” heißt. In dieser natürlichen Meditationshöhle verbrachte der Gründer des Dorfes Lubra viele Jahre in Meditation. Später wurde sie in einen Tempel umgewandelt. Von hier aus kann man weiter hochklettern und uralte Meditationshöhlen in den Felswänden sehen, die selten besucht werden.
Als Tageswanderung von Lubra können in einem zweistündigen Gang entlang der Panda Khola vom Dorf Lubra aus an der gegenüberliegenden Seite des Weges herunter vom Lubra Pass die Ruinen eines Tibetischen Khampa Armee Camps besucht werden. Von hier wurden in den 1960er Jahren Guerilla Attacken auf die Chinesen ausgeführt. Von Lubra aus gibt es auch eine herausfordernde Abkürzung zum Tilicho See, die vor allem von Einheimischen genutzt wird. Man erreicht sie von Nordwesten und läuft entlang der Panda Khola zu ihren Gletscherquellen hoch in den Muktinath Bergen, an der Nordseite des Annapurna Massivs.

Photo by Yungdrung Tsewang Gurung
Ob man das Untere Mustang zu Fuß, mit dem Rad, Motorrad oder Flugzeug besucht oder ob man auf einer Pilgerreise zum heiligen Tempel von Muktinath ist, das verborgene Bön-Dorf Lubra ist immer einen Ausflug wert!
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Article by Michael D. Smith and Yungdung Tsewang Gurung
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